lautstark. 07.12.2021

Präsenzsemester: Student*innen schützen

CoronaWissenschaft und ForschungHochschullehre

Studierende sollten Masken und Selbsttests erhalten

Friederike Thole ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Historische Bildungsforschung an der Ruhr-Universität Bochum. Außerdem ist sie für die GEW NRW in der Fachgruppe Hochschule und Forschung sowie im Ausschuss junge GEW aktiv. Sie findet, dass auch Studierende Masken und Selbsttests von der Universität erhalten sollten.

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  • Ausgabe: lautstark. 07/2021 | Bildung, Religion, Politik: Eine Frage des Glaubens?
  • im Interview: Friederike Thole
  • Funktion: wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Historische Bildungsforschung an der Universität Bochum
  • Interview von: Annette Etges
  • Funktion: freie Fotografin
Min.

Wie erlebst du die Rückkehr zum Präsenzunterricht an deiner Hochschule? Worauf freust du dich? Was macht dir Sorgen?

Friederike Thole: Ich habe mich sehr gefreut, nach eineinhalb Jahren endlich wieder eine Veranstaltung in Präsenz durchzuführen, und ich hatte auch das Gefühl, dass sich die Studierenden sehr gefreut haben.

Nicht wohl gefühlt habe ich mich damit, in der Rolle zu sein, den 3G-Status der Studierenden überprüfen zu müssen. Ich finde, dabei gibt es auch Unterschiede zwischen Schule und Universität. Ich habe wenig persönlich Kontakt zu den Studierenden und dann in dieser Form die Kontrolle zu haben, ist nicht so schön. Ich habe nur ein kleines Masterseminar mit 13 Teilnehmer*innen und diese sind alle geimpft, das zeigt sich durch einen grünen Punkt auf ihrem Studierendenausweis. Wir können das Seminar normal durchführen – außer, dass wir Maske tragen.

Und reichen die Hygienekonzepte der Hochschule aus, damit die Veranstaltungen gut in Präsenz durchgeführt werden können?

Friederike Thole: Ich würde es gut finden, wenn die Studierenden regelmäßig Masken und Schnelltests zur Verfügung gestellt bekämen beziehungsweise eine Teststation an der Uni eingerichtet werden würde, damit sich die Studierenden kostenlos testen lassen können – einfach zur Sicherheit. Als Lehrende kriege ich Schnelltests gestellt, für mich ist das nicht so die Problematik.

Jetzt gerade [Anfang Dezember, Anmerk. d. Red.] sieht es so aus, dass viele Dozierende schon wieder ins Digitale zurückgekehrt sind. Und das macht es natürlich organisatorisch schwierig. Ich habe hier keine technische Ausstattung für hybride Lehre, die Studierenden sind aber teilweise zuhause und teilweise in Präsenz. Und das ist jetzt eine Herausforderung. Denn es gibt das Angebot in der Theorie, aber ich sehe hier nicht die Möglichkeit, solche Lehrformate umzusetzen.

Würdest du dir wünschen, dass es trotz Präsenz auch nach Corona Onlineangebote gibt?

Friederike Thole: Ich finde, es gibt durchaus Lernformate, insbesondere Vorlesungen, die man gut online umsetzen kann. Und es gibt auch Lernformate, die eine bestimmte didaktische Formation haben, sodass sie auch sinnvoll online umsetzbar sind. Es kommt sehr auf die Themen und Lehrveranstaltungen an. Trotzdem hoffe ich, dass wir auch weiterhin viel Präsenz anbieten können.

Wie kannst du unter den aktuellen Bedingungen arbeiten? Bist du zufrieden oder empfindest du eher zusätzliche Belastung aufgrund von Corona?

Friederike Thole: Momentan ist die Belastung nicht mehr so hoch. Ich glaube, das liegt auch daran, dass es sich mittlerweile eingegroovt hat. Zu Beginn war es für mich eine große Herausforderung, im Homeoffice zu arbeiten. Ich bin sehr daran gewöhnt, dass Haus zum Arbeiten zu verlassen. Das hängt auch damit zusammen, dass ich lange nach Kassel gependelt bin. Das ist aber für viele in der Wissenschaft auch ohne Corona-Pandemie die Normalsituation, zwischen Arbeits- und Wohnort über eine größere Strecke zu pendeln oder zumindest zwei Wohnsitze zu haben. Durch die Corona-Lage war ich dann eine sehr lange Zeit nicht im Büro und sehr auf mich alleine gestellt. Das war am Anfang sehr schwierig, bis ich meine Arbeitsformate, einen Rhythmus und den Austausch auch im Digitalen gefunden habe.

Hat Corona dein berufliches Fortkommen im Wissenschaftsbetrieb negativ beeinflusst?

Friederike Thole: Ich glaube, es hatte für mich keinen negativen Einfluss. Da ich immer nur eine Lehrveranstaltung habe, war es für mich kein besonders hoher Aufwand, sie auf die Distanzlehre umzustellen. Ich musste nur ein bisschen mehr Zeit investieren, aber nicht so viel. Und da das Pendeln wegfiel, hatte ich mehr Zeit an meiner Dissertation zu arbeiten. Anfangs war zwar auch das etwas schwierig, weil ich nicht in die Bibliothek gehen konnte. Aber auch das ließ sich lösen, als zügig Online-Formate bereitgestellt wurden. Und ich hatte Glück, weil ich mit meiner Dissertation schon sehr weit war. Ich glaube, dass andere Kolleg*innen stärker betroffen waren, weil sie zum einen durch die Umstellung auf Distanzlehre bei einem höheren Lehrdeputat einen Mehraufwand in der Lehre hatten. Zum anderen, weil es keine Möglichkeit gab, Erhebungen für ihre Forschungsarbeiten durchzuführen, oder sie keinen Zugang zu Quellen hatten. Ich musste nicht mehr viel in die Bibliothek und ich musste nichts mehr erheben, sodass es mich zu keinem allzu ungünstigen Zeitpunkt traf.

Verschärft die Corona-Pandemie die soziale Ungleichheit? Wie zeigt sich das an der Uni?

Friederike Thole: Auf jeden Fall merkt man das. Gerade für Studierende ist die Situation schwierig zu managen, wenn wir jetzt auch wieder ins Digitale gehen. Da geht es um Fragen wie: Habe ich einen guten Laptop zur Verfügung? Habe ich eine gute Internetverbindung zuhause oder wohnt man eher im ländlichen Raum? An meiner alten Universität war das ein riesiges Problem. Viele Studierende wohnen da im ländlichen Teil von Hessen und hatten keine ausreichende Internetverbindung, um mit Ton und Bild an den Veranstaltungen teilzunehmen. Da muss man mehr drauf achten.

Dazu haben viele Studierende durch Corona ihre mit dem Uni-Alltag kompatiblen Nebenjobs verloren, die Corona-Hilfen für sie kamen zu spät und waren unzureichend. Ich weiß leider von einigen Studierenden die ihr Studium unterbrechen, oder abbrechen mussten.