lautstark. 07.12.2021

Präsenzsemester: Motivation im Miteinander

CoronaWissenschaft und ForschungHochschullehre

Ohne meinen Freundeskreis wäre mir das Distanzlernen schwerer gefallen

An Pham studiert Medieninformatik an der Universität Köln. Sie hat die meiste Zeit ihres bisherigen Studiums auf Distanz absolviert. In dieser Zeit war es für sie und ihre Studienmotivation besonders wichtig, einen bestehenden Freundeskreis zu haben. Für die Zukunft sieht sie Vorteile in einer Mischform bestehend aus Präsenz- und Onlinelehrveranstaltungen.

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  • Ausgabe: lautstark. 07/2021 | Bildung, Religion, Politik: Eine Frage des Glaubens?
  • im Interview: An Pham
  • Funktion: studiert Medieninformatik an der Universität Köln
  • Interview von: Annette Etges
  • Funktion: freie Fotografin
Min.

Wie erlebst du die Rückkehr zum Präsenzbetrieb an deiner Hochschule? Worauf freust du dich, was macht dir Sorgen?

An Pham: Ich habe dieses Semester zwei Veranstaltungen in Präsenz und ich bin sehr froh, dass es diese Form der Lehre wieder gibt. Ich habe nach der langen Zeit gemerkt, dass ich die Dozierenden wieder live hören und meine Freunde wiedersehen möchte. Diesen Kontakt habe ich sehr vermisst. Außerdem hilft mir die Routine, zur Uni zu gehen und vor Ort produktiv zu sein.

Ist es dir während des Distanzlernens schwergefallen, produktiv zu sein?

An Pham: Ja schon. Ich bin jetzt im fünften Semester und habe drei Semester als Distanzlehre erlebt. Wenn ich mir im ersten und damit auch meinem bisherigen einzigen Präsenzsemester nicht so einen guten Freundeskreis aufgebaut hätte, wäre es mir wahrscheinlich sehr viel schwerer gefallen, mein Studium fortzuführen. So konnten wir uns gegenseitig motivieren und hatten auch die Möglichkeit, außerhalb der Uni etwas gemeinsam zu unternehmen.

Würdest du dir wünschen, dass es trotz Präsenz weiterhin ein Online-Angebot gibt?

An Pham: Ich habe eine Vorlesung online und ich finde es gut, dass es auch weiterhin ein Online-Angebot gibt. So ist man flexibler und kann auch an der Vorlesung teilnehmen, wenn man beispielsweise seine Eltern besucht. Ich würde mir außerdem wünschen, dass mehr Lehrveranstaltungen aufgezeichnet und online gestellt werden. Das wäre für die Nachbereitung hilfreich und auch für diejenigen, die einen Nebenjob haben. Sie könnten sich dann ihre Arbeitszeiten flexibler einteilen. Das Angebot der Mischform, bei der es sowohl die Möglichkeit gibt, die Lehrveranstaltung in Präsenz zu besuchen sowie online teilzunehmen beziehungsweise online nachzubereiten, sehe ich als optimalste Lösung. In einigen Veranstaltungen wird diese Mischform bereits angeboten und ich würde mir wünschen, dass dieses Angebot ausgeweitet wird.

Wie werden die Hygiene- und 3G-Regeln an deiner Uni umgesetzt? Fühlst du dich sicher?

An Pham: An meiner Fakultät, dem Philosophikum, werden die 3G-Regeln auf jeden Fall geprüft und eingehalten. Deswegen fühle ich mich dort auch sicher. Ich finde es aber schade, dass wir in den Hörsälen trotz Einhaltung der Abstandsregeln und der 3G-Kontrolle die Masken nicht abnehmen dürfen. So sind wir zwar wieder vor Ort, können uns gegenseitig aber immer noch nicht wieder richtig sehen.

Hochschulleben bedeutet für Studierende auch viel sozialer Kontakt. Was ist an deiner Hochschule wieder möglich, gibt es Partys und Kulturveranstaltungen?

An Pham: Von meiner Fachschaft weiß ich, dass sie zumindest schon wieder Führungen organisiert, um denjenigen, die die Uni noch gar nicht kennen oder kennengelernt haben, eine Orientierung zu bieten. Diese Veranstaltungen richten sich insbesondere an Erst- und auch an Drittsemester. Letztere haben ihr Studium ja während der Distanzlehre begonnen und für sie ist dieses Wintersemester der erste Uni-Kontakt in Präsenz.

Glaubst du Corona und die Distanzlehre beeinträchtigen deinen Studienerfolg negativ?

An Pham: Ich habe das Gefühl, dass ich durch die Distanzlehre länger für mein Studium brauchen werde. Und weil es vielen so geht, wurde die Regelstudienzeit in meinem Studienfach von sechs auf neun Semester erhöht. Das erleichtert mich. Von einigen Freunden und Bekannten weiß ich auch, dass es ihnen schwerfällt, die Regelstudienzeit einzuhalten. Die Präsenzlehre spielt für die Motivation und Organisation eine wichtige Rolle, also der direkte Austausch mit Kommilitonen und den Lehrenden vor Ort. Während der reinen Distanzsemester hat es mir deshalb sehr geholfen, Lerntreffen zu vereinbaren. Diese haben zwar auch online stattgefunden, aber so musste ich mich zumindest nicht ganz alleine aufraffen.

Negativ an der Distanzlehre ist außerdem, dass die Grenzen zwischen Privatleben, Studium und Arbeit schnell verschwimmen können. Wir verbringen alle auch so schon viel Zeit am Handy, Tablet und Laptop und springen von Bildschirm zu Bildschirm – durch die Distanzlehre noch mehr.