lautstark. 07.12.2021

Präsenzsemester: Gemeinsam lernen

CoronaWissenschaft und Forschung

Die Kommunikation und das Lernen mit anderen sind mir wichtig

Clara Bufi studiert im ersten Mastersemester Italienisch und Geschichte auf Lehramt an der Universität Bonn. Sie schätzt die Kommunikation und das Lernen mit anderen und freut sich darauf, wenn endlich wieder mehr Veranstaltungen in Präsenz stattfinden können.

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  • Ausgabe: lautstark. 07/2021 | Bildung, Religion, Politik: Eine Frage des Glaubens?
  • im Interview: Clara Bufi
  • Funktion: studiert Italienisch und Geschichte auf Lehramt an der Universität Bonn
  • Interview von: Annette Etges
  • Funktion: freie Fotografin
Min.

Wie erlebst du die Rückkehr zum Präsenzunterricht an deiner Hochschule?

Clara Bufi: Meine Kommiliton*innen und ich erleben leider, dass die Rückkehr zur Präsenz sehr schleppend läuft, auch wenn sie alle viel Mühe geben. Die meisten Lehrenden bevorzugen es aber, ihre Veranstaltungen weiterhin online stattfinden zulassen – gerade bei großen Veranstaltungen mit vielen Teilnehmer*innen. Ich habe Kommiliton*innen, die schon im dritten Semester sind, und die Uni Bonn noch nie von innen gesehen haben. Darunter leiden viele sehr.

Ich selbst habe Glück: Ich bin im ersten Mastersemester in Italienisch und Geschichte auf Lehramt und kenne den Uni-Alltag ohne Corona. Aber die Kontakte zu Kommiliton*innen fehlen einfach und es fühlt sich fast an wie soziale Isolation. Ich habe eine einzige Veranstaltung, die in Präsenz stattfinden kann, weil wir nur zu dritt sind. Die ist sehr schön. Wir sitzen weit auseinander und dürfen am Platz die Masken abnehmen. Wir kosten dort alles aus, was online nicht möglich ist.

Wie wird der Präsenzbetrieb an deiner Hochschule umgesetzt?

Clara Bufi: An der Uni Bonn wird extrem darauf geachtet, dass die 3G-Regel eingehalten wird – das ist top. Zusätzlich wurden gerade extra Ausweise für diejenigen eingeführt, die die 2G-Regel erfüllen. Die Ausweise sind kostenlos und man kommt mit ihnen schneller überall rein. Einige kritisieren das, aber ich finde das Verfahren gut, weil es auch nervig ist, sich jedes Mal aufs Neue auszuweisen. Ich arbeite in einer der Hochschulbibliotheken und dort wird auch penibel darauf geachtet, dass alles desinfiziert wird und sich alle anmelden. Sicher fühle ich mich an der Uni auf jeden Fall.

Präsenzunterricht könnte meiner Meinung nach jetzt schon mehr stattfinden. Ich habe auch Kurse, in denen wir sehr wenige sind und die trotzdem online stattfinden. Die Entscheidung hat dann die*der Dozent*in individuell getroffen. Natürlich müssen sich auch die Lehrenden sicher fühlen, aber ich wünsche mir, dass auch die Perspektive der Studierenden gesehen wird.

Oft scheitert es auch einfach an der Organisation: Wenn auf eine Onlineveranstaltung direkt eine Präsenzveranstaltung folgt, schaffe ich es kaum, pünktlich da zu sein. Oder ich muss die Onlineveranstaltung früher verlassen, um pünktlich an der Uni zu sein. Die Uni bietet extra Räume an, damit genau das nicht passiert, aber die Plätze reichen gar nicht für alle.

Würdest du dir wünschen, dass es trotz Präsenz weiterhin ein Onlineangebot gibt?

Clara Bufi: Auf jeden Fall, vor allem für große Veranstaltungen. Ich kann mir nicht vorstellen, zwei Stunden lang in einen Vorlesungssaal mit 300 Leuten zu sitzen und dann noch mit Maske auf. Wenn die Pandemie vorbei ist, sollten wir allerdings schon wieder vollständig zur Präsenz zurückfinden. Ich bin ein sozialer Mensch und die Kommunikation und das Lernen mit anderen sind mir wichtig. Wenn sich mein Studium darauf beschränkt, auf einen Bildschirm zu gucken, kann ich auch an der Fernuni studieren.

Hochschulleben bedeutet für Studierende auch sozialer Kontakt. Was ist an deiner Hochschule wieder möglich?

Clara Bufi: Vereinzelt finden wieder Veranstaltungen von Hochschulgruppen statt. Ich war vor kurzem auf einer Ersti-Party. Das war seltsam und irgendwie beklemmend. Ich hatte danach tatsächlich eine Weile Angst, mich angesteckt zu haben. Und gleichzeitig verstehe ich wie so viele andere nicht, warum in Köln Karneval gefeiert werden darf, ich aber nicht mit zehn anderen Leuten in der Uni sitzen darf.

Glaubst du Corona und die Distanzlehre beeinträchtigen deinen Studienerfolg?

Clara Bufi: Meine Leistungen haben sich während der Pandemie zumindest verschlechtert, weil mir ganz oft die Motivation gefehlt hat. Für die Dozent*innen, die dich nicht kennen, bist du in der aktuellen Situation einfach eine Nummer, weil sie gar keinen richtigen Zugang zu dir haben. Ich studiere Geschichte und Italienisch – da kennen sich eigentlich alle und auch die Dozent*innen können gut einschätzen, was du kannst. Da wird deine Gesamtleistung meistens nicht auf eine Klausurnote reduziert. Jetzt schon! So kommt es mir zumindest vor.

Was wünschst du dir, wie es weitergeht?

Clara Bufi: Ich wünsche mir, dass weiter in Richtung Präsenz gepusht wird und die Entscheidung darüber nicht allein bei den Dozent*innen liegt. Natürlich muss es für alle Seiten sicher sein, aber wir haben uns für ein Präsenzstudium entschieden und das kann man nicht einfach langfristig durch Onlineveranstaltungen ersetzen. Das macht sich in der Qualität der Lehre bemerkbar. Und es macht sich psychisch bemerkbar, nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen Studierenden. Da tragen die Lehrenden auch eine Verantwortung, die sie nicht vergessen dürfen.