lautstark. 07.12.2021

Präsenzsemester: Neue Forschungsideen durch die Pandemie

CoronaHochschullehreWissenschaft und Forschung

Projekte zu digitalen Medien können Lehrkräfte langfristig unterstützen

Cedric Lawida ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität zu Köln. Auch wenn die Pandemie in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung ist und war, sieht er auch positive Effekte: Für ihn sind gute Forschungsideen und Projekte entstanden, die jetzt zügig umgesetzt werden und Lehrkräften langfristig helfen können.

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  • Ausgabe: lautstark. 07/2021 | Bildung, Religion, Politik: Eine Frage des Glaubens?
  • im Interview: Cedric Lawida
  • Funktion: wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mercator-Institut der Universität zu Köln
  • Interview von: Annette Etges
  • Funktion: freie Fotografin
Min.

Wie erlebst du die Rückkehr zum Präsenzbetrieb an deiner Hochschule?

Cedric Lawida: Der Präsenzbetrieb hat bei mir persönlich noch gar nicht richtig stattgefunden. Die Vorgaben an der Uni Köln waren lange nicht eindeutig und ich habe mich erst mal dazu entschieden, digital weiter zu unterrichten. Das liegt aber auch daran, dass ich ein Seminar zu digitalen Medien im Unterricht gebe und es sinnvoll finde, wenn die Studierenden tatsächlich nur digital arbeiten und alle Tools direkt ausprobieren können.

Ich freue mich aber darauf, auch wieder in die Präsenzlehre einzusteigen. Aktuell habe ich noch Bedenken wegen der Corona-Lage und der hohen Inzidenzen und würde mich viel sicherer fühlen, wenn sich das wieder ein bisschen beruhigt hat. Wenn es 2G überall verbindlich gilt und wenn die Impfquote viel, viel höher ist.

Abgesehen davon, dass sie gut zu deinen Inhalten passt: Was sind die Vorteile der digitalen Lehre, die Corona mit sich gebracht hat?

Cedric Lawida: Die Pandemie hat auf jeden Fall erst einmal dafür gesorgt, dass wir jetzt technisch für die Onlinelehre besser ausgestattet sind und so ganz viel Flexibilität ermöglichen können, die die Studierenden sehr schätzen. Wir haben im Team schon drüber nachgedacht, nicht nur Lehrveranstaltungen, sondern auch Sprechstundentermine online anzubieten. Dann müssen die Studierenden nicht extra für ein Gespräch zur Uni kommen oder haben nicht so große Schwierigkeiten, Sprechstunden mit ihrem Stundenplan zu vereinbaren.

Wenn es uns gelingt, auch nach der Pandemie ausgewählte Lehrveranstaltungen weiterhin komplett in Distanzlehre stattfinden zu lassen, stößt das bei den Studierenden sicher auf Wohlwollen. Im Praxissemester des Lehramtsstudiums haben die Studierenden zum Beispiel teils sehr lange Fahrtwege zu ihrer zugeteilten Schule. Wenn man im selben Semester noch ein Seminar in Präsenz belegen muss, wird es zeitlich einfach eng. Für viele Studierende ist eine Onlineveranstaltung dann eine riesige Erleichterung.

Ich bin schon für eine Lehre, die überwiegend an einem Ort in Präsenz stattfindet, aber langfristig sollte man eine Mischung anbieten, zu der dann auch komplette Distanzveranstaltungen gehören.

Wie kannst du unter den aktuellen Bedingungen arbeiten? Bist du so zufrieden oder empfindest du eher zusätzliche Belastung aufgrund von Corona?

Cedric Lawida: Was in der Distanzlehre fehlt, ist auf jeden Fall der persönliche, schnelle Austausch: zusammen etwas essen gehen, im Gespräch spontan Ideen entwickeln. Natürlich ergeben sich auch tolle Projekte in virtuellen Meetings, aber das ist etwas anderes. Bis sich in der Distanz so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl eingestellt hat, dauert es ein bisschen länger.

Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass ich aus der Distanz viel fokussierter arbeiten kann. Das ist natürlich individuell und abhängig von der Wohnsituation. Ich lebe allein und profitiere davon, dass ich problemlos Phasen einrichten kann, in denen ich völlig ungestört arbeiten kann. Niemand kommt kurz mal rein wie im Büro, man verquatscht sich nicht bei der Kaffeemaschine oder im Pausenraum. Das ist so ein Punkt, bei dem ich sage: Cool, auch gerne langfristig! Ein Tag Homeoffice in der Woche – das würde ich begrüßen.

Hat Corona dein berufliches Fortkommen im Wissenschaftsbetrieb beeinflusst?

Cedric Lawida: Ich habe Corona auch schon vor meinem Einstieg in die Wissenschaft erlebt: im Referendariat. Da war ich schon gezwungen, viel mit digitalen Medien zu arbeiten und mich so ein bisschen auch reinzufuchsen. Zum Glück hatte ich schon immer ein Interesse an digitalen Lehr- und Lernformaten und habe im Studium entsprechende Seminare belegt. Das alles hat mir in der Distanzlehre hier an der Universität einen Vorteil verschafft.

Durch die Pandemie haben sich für mich gute Forschungsideen und Projekte ergeben. Wir interessieren uns zum Beispiel verstärkt dafür, welche digitalen Medien sich für den sprachsensiblen Unterricht eignen. Dazu haben wir unter anderem mit Studierenden Anschauungsmaterial entwickelt, wie sich bestimmte Tools einsetzen lassen. So entstehen jetzt Dinge, von denen Lehrkräfte auch langfristig zehren können.

Gibt es sonst etwas, was du sagen willst? Etwas, was du dir für die Präsenzlehre nach der Pandemie wünschst?

Cedric Lawida: Ich wünsche mir, dass die digitalen Formate bleiben. Dass man nicht nach der Pandemie sagt: „Zum Glück endlich wieder Präsenz – alles so wie früher.“ Dass man nicht einfach genauso weitermacht wie vor Corona, digitale didaktische Konzepte weiterhin nutzt, integriert und weiterentwickelt.

Wir können nicht im Lehr- und Forschungskontext an Schulen und Hochschulen ausblenden, dass wir in einer komplett digitalisierten Welt leben, von Digitalmedien umgeben sind, die wir alle täglich privat nutzen. Diese Trennung darf es nicht mehr geben und das müssen Bildungseinrichtungen und Verwaltungen langfristig sinnvoll umsetzen und unterstützen.