lautstark. 23.08.2021

Tarifrunde TV-L: 4 Gründe, warum wir kämpfen!

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GEW-Mitglieder nennen ihre Forderungen

Wenn im Herbst 2021 die Verhandlungen für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) starten, könnte es ungemütlich werden. Daniel Merbitz, Verhandlungsführer der GEW, sieht die schwierigste Tarifrunde der vergangenen 20 Jahre auf die Gewerkschaften zukommen. Wofür lohnt es sich, dennoch und gerade jetzt zu kämpfen?

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  • Ausgabe: lautstark. 05/2021 | Demokratie lebt durch dich
  • Autor*in: Marion Vittinghoff | Anett von Gernet | Martin Roth | Elisa Knitsch
Min.

Marion Vittinghoff fordert mehr Geld 

Ich fordere mehr Geld für die sozialen Berufe im TV-L, weil unsere Kolleg*innen Wertschätzung verdienen, die sich auch finanziell zeigen muss. Beim Land gibt es in einigen Bereichen kaum bis sogar gar kein Angebot für Entwicklungs- und Beförderungsmöglichkeiten, zum Beispiel für die sozialen Berufe im Schulbereich. Das bedeutet, dass eine Gehaltssteigerung dann nur noch durch einen guten Tarifabschluss möglich wird.

Die Stufe 6 muss wie bei den anderen Stufen auch ausgebaut werden, die Stufenlaufzeiten müssen wieder verkürzt werden und das Weihnachtsgeld muss von der Höhe her wieder so werden wie vorher und dann auch so bleiben.

Unsere Kolleg*innen in Kitas, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen leisten sehr gute Arbeit vor Ort, sie erledigen eine für die Gesamtgesellschaft wichtige Aufgabe. Sie sparen zum Beispiel viel Geld ein, indem sie Kinder und Jugendliche so fördern und unterstützen, dass sie ihren Weg in Ausbildungen und ins Berufsleben finden.

Marion Vittinghoff aus Mönchengladbach ist Schulsozialarbeiterin und Fachberaterin für Schulsozialarbeit, Mitglied im Bezirkspersonalrat der Bezirksregierung Düsseldorf und im Hauptpersonalrat der Hauptschulen.
 

Anett von Gernet fordert die stufengleiche Höhergruppierung

Ich fordere die stufengleiche Höhergruppierung, um der Gleichstellung zu den verbeamteten Kolleg*innen einen Schritt näherzukommen. Dass wir keine stufengleiche Höhergruppierung haben, erfahren die meisten erst, wenn sie von Entgeltgruppe (EG) 11 nach 13 kommen.

Seit über zehn Jahren bin ich in der letzten Erfahrungsstufe in EG 11 eingruppiert. Bietet sich mir nun die Möglichkeit einer A13-/ EG13-Stelle, würde ich denken: „Toll, bewerben!“, und verstünde die gut gemeinten Ratschläge von tarifbeschäftigten Kolleg*innen nicht, dass sich das nicht wirklich lohne. Ich schaue genauer hin: Der Sprung von EG11 auf EG13 hätte bei einer stufengleichen Höhergruppierung einen Mehrwert von 640,18 Euro. Na, das lohnt sich doch. Aber: Wir haben ja keine stufengleiche Höhergruppierung. Deshalb bleibt mir nur ein Mehrwert von 469,12 Euro. Zudem erhalte ich in EG13 nur 46,3 Prozent Jahressonderzahlung, anstatt 74,08 Prozent in EG11.

Gleiches Recht für alle Lehrer*innen? Nein, auch nach Jahrzehnten der formalen Gleichstellung sind wir meilenweit davon entfernt. Deshalb: Stufengleiche Höhergruppierung, jetzt!

Anett von Gernet ist Lehrerin an einer Realschule in Hövelhof. Für die GEW NRW ist sie unter anderem im Personalrat Realschule für den Regierungsbezirk Detmold sowie in der JA13- Arbeitsgruppe aktiv.
 

Martin Roth fordert die "volle 6"

Bei der letzten Tarifrunde haben wir endlich den Einstieg in eine neue Entgeltstufe 6 für Angestellte in den höheren Entgeltgruppen erkämpft. Jetzt brauchen wir die „volle 6“, nicht nur den Einstieg in die Stufe 6!

Ich habe mal grob gerechnet: Das durchschnittliche Mehr an Prozenten von Stufe zu Stufe beträgt ungefähr 9 Prozent. Von der fünften zur sechsten Stufe sind es aber nur ungefähr 3 Prozent. Da fehlt noch einiges!

Die „volle 6“ kommt voll bei uns Angestellten an. Darum ist sie gerade für langjährig Tarifbeschäftigte besonders wichtig. Die „volle 6“ werden die Arbeitgeber nicht verschenken, wir werden sie auch diesmal wieder erkämpfen müssen – und zwar trotz aller Widrigkeiten von Wetter und Wind über die Weigerung der Arbeitgeber bis hin zu Corona.

Also, Kolleg*innen: Bereitmachen für einen heißen Herbst!

Martin Roth ist Lehrer für Sonderpädagogik an einer Förderschule in Dortmund und seit vielen Jahren in den Tarifkämpfen aktiv.
 

Elisa Knitsch fordert den TV Stud

Als studentische Hilfskräfte halten wir den Betrieb Universität am Laufen. Aufgrund einer jahrelangen Politik der Ausgabenkürzung in Bildung und Wissenschaft wird bei uns am meisten gespart: Schlechte Bezahlung, befristete Verträge, Zukunftsangst, nicht realisierte Urlaubsansprüche, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Verweigerung betrieblicher Mitbestimmung vonseiten der Universitätsleitungen sind die Folge. Wir erhalten nicht mal diese arbeitsrechtlichen Mindeststandards!

Studierende müssen ihren Job an der Hochschule mit ihrem privaten und politischen Leben vereinbaren können. Deshalb müssen wir gemeinsam mit den Beschäftigten aus dem Mittelbau, der Verwaltung und Technik sowie mit solidarischen Professor* innen in den Gewerkschaften GEW und ver.di gegen die Unterfinanzierung der Hochschulen und für einen Tarifvertrag Stud kämpfen. Unser Motto lautet deshalb: Keine Ausnahme!

Elisa Knitsch aus Siegen ist studentische Hilfskraft an der Uni Siegen und arbeitet im Hochschulinformationsbüro der GEW NRW.

Hintergrund

Beamt*innen sind in der Tarifrunde aktiv

Tarifrunden für die Beschäftigten der Länder sind für die GEW NRW immer Tarif- und Besoldungsrunden. Wir fordern stets die Übertragung der in der Tarifrunde erkämpften Entgelterhöhung auf die Beamt*innen. Das gilt auch im Herbst 2021. Die wirkungsgleiche Übertragung durchzusetzen war nie leicht. Die Entgelterhöhung wurde verschoben, eine Nullrunde für Beamt*innen in NRW wurde vor Jahren nur durch höchstrichterliche Entscheidung abgewendet.

Es gibt also gute Gründe, dass sich Beamt*innen aktiv in der Tarifrunde beteiligen. Am Arbeitsplatz informieren, keine Vertretung streikender Kolleg*innen übernehmen und an Aktionen ohne Arbeitsniederlegung teilnehmen – es bieten sich zahlreiche Möglichkeiten solidarischer Unterstützung.

Im Herbst will die GEW NRW auch Verbesserungen für die Tarifbeschäftigten durchsetzen, die nicht auf Beamt*innen übertragen werden können (Ausbau der Stufe 6 oder stufengleiche Höhergruppierung). Das mindert die Entgelterhöhung. Das ist solidarisch in einer Tarif- und Besoldungsrunde.

Michael Schulte, Geschäftsführer der GEW NRW