Grundschule: A13 – eine Frage der Professionalität?

Gerechte Bezahlung ist eine Frage der Wertschätzung – nicht der Professionalität von Grundschullehrkräften! Dafür plädiert Baldur Bertling vom Grundschulverband.

Seit vielen Jahren gibt es unterschiedliche Gehälter für die Lehrer*innen: von A12 für Grund- und Hauptschullehrkräfte bis A13Z für Lehrkräfte an Gymnasien. Niemals wurde die Professionalität der Menschen am Gymnasium hinterfragt, die die höhere Eingruppierung einem längeren Studium verdanken. Seit aber im Jahr 2009 das Lehrerausbildungsgesetz gleiche Ausbildung für Lehrkräfte aller Schulformen vorschreibt, sollen Grundschullehrer*innen ihre Professionalität als Begründung für eine ausbildungskonforme Eingruppierung unter Beweis stellen.

Das bisschen rechnen, schreiben und lesen?

Diese Auffassung teilt offenbar auch Schulministerin Yvonne Gebauer, wenn sie jungen Leuten, die für die Sekundarstufe II ausgebildet sind, einen Arbeitsplatz an Grundschulen anbietet. Aber auch viele Pressevertreter*innen denken so, wenn sie berichten, dass es ja ganz gut geklappt hätte mit dem Lernen auf Distanz für Grundschulkinder. Das bisschen rechnen, schreiben und lesen mit den Kleinen – so landläufig immer noch die Meinung der gymnasialen Stammtische – ist ja nicht so schwer. Aber so einfach ist das nicht.

Das Angebot des Ministeriums an Lehrkräfte in der Sekundarstufe II ist auf zwei Jahre befristet – länger hält es wohl ein Mensch, der mit Erwachsenen arbeiten möchte, mit den kleineren Kindern nicht aus. Auch viele Eltern sind in der Krise an ihre Grenzen gestoßen – obwohl sie nur wenige Kinder und keine ganze Klasse betreuen mussten. Das bisschen rechnen, schreiben und lesen ist eben nur ein kleiner Teil der grundlegenden Bildung, die Grundschule zu vermitteln hat.

Lücke zwischen Professionalität und gerechter Besoldung

An diesem Dilemma sind die Lehrkräfte an Grundschulen nicht unbeteiligt. Als zum Beispiel der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern zur Aufgabe von Grundschule gemacht wurde, haben die Schulen nach den notwendigen Ressourcen gerufen – und als die ausblieben, nach Wegen gesucht, den Ansprüchen der Kinder gerecht zu werden.

Als dann Inklusion auch zur Aufgabe der Sekundarstufen gemacht werden sollte, haben die Betroffenen nach den Ressourcen gerufen – und als die ausblieben, so lange nach Gründen dafür gesucht, dass Inklusion nicht gelingen kann, bis die Landesregierung die Gymnasien von dieser gesellschaftlichen Aufgabe befreit hat und die Förderschulen in der Sekundarstufe I ausbauen will.

Manchmal hilft es eben, neben der guten Arbeit laut zu werden! Jetzt ist offensichtlich Geld für alles Wichtige da – und wenn die Grundschulen weiter ohne gerechte Besoldung still und ruhig ihre Pflicht tun, gibt es das Geld für die Lufthansa, für Laptops und anderes – aber wohl kaum für eine gerechte Besoldung.

Baldur Bertling,
Vorstandsmitglied des Grundschulverbandes NRW

Foto: freepik

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Kommentare (3)

  • Astrid Tjardes Lieber Baldur,
    vielen Dank für deinen tollen Artikel! Du hast es gelungen auf den Punkt gebracht und ich hoffe, diesen Artikel lesen möglichst viele Leute!
    Liebe Grüße
    Astrid


  • Silke Stratmann Toller Artikel. Aber in welche Richtung sollen wir denn noch laut werden? Es hört uns ja keiner!


  • Monika Scharf Vielleicht haben wir Grundschullehrer/innen einfach ein zu großes pädagogisches Herz? In gut 30 Jahren Schuldienst habe ich oft bei den Kollegen und bei mir erlebt, wie sehr wir für die Kinder und für die Idee der Chancengleichheit brennen und so weit über die Dienstzeit tätig und engagiert sind. Allerdings vermisse ich dieses Engangement im Ministerium, wenn es um die Anerkennung und Wertschätzung unserer täglichen Arbeit in der Grundschule geht - egal ob beim Thema Besoldung, Pflichtstunden, Anrechnungsstunden u.v.m. Da nutzt es auch nichts, wenn im Masterplan Grundschule z.B. die „schrittweise Erhöhung der Anrechnungsstunden von bisher 0,2 pro Lehrkraft auf 0,5“ ausgewiesen werden, wenn diese mit der steigenden Besetzung der Stellen korrespondiert. Wir brauchen die Entlastung und die damit einhergehende Wertschätzung jetzt. Sonst wird sich die Zahl der Kollegen, die „verbrennen“ und nach dem Burnout bestenfalls „nur“ ins BEM gehen maßgeblich erhöhen. Das will wirklich niemand!
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