lautstark. 19.08.2020

Die GEW vor Ort macht Politik

BildungsgewerkschaftMitgliedschaft

Wahlkampf in NRW

Die Kommunalwahl steht im September vor der Tür. Wie Gewerkschafter*innen sich und ihre Themenschwerpunkte einbringen, erzählen Tanja Junkers aus Duisburg und Klaus Mautsch aus Köln.

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  • Ausgabe: lautstark. 05/2020 | Mehr Profis für gute Bildung
  • im Interview: Tanja Junkers | Klaus Mautsch
  • Funktion: aktive Mitglieder der GEW NRW
  • Interview von: Jessica Küppers
Min.

Die GEW vor Ort ist ganz nah dran an Schulen, Kitas und Bildungseinrichtungen. Ihr wisst genau, wo bei euch der Schuh am meisten drückt. Wie tauscht ihr euch darüber mit Kommunalpolitiker*innen aus?

Klaus Mautsch: Bei der letzten Kommunalwahl haben wir Mitglieder der Ratsfraktionen zu einer Infoveranstaltung eingeladen, in der wir über die prekären Vertragsbedingungen für Honorarlehrkräfte informiert und Verbesserungen eingefordert haben. Darüber hinaus pflegen wir mit einigen Parteien in Hintergrundgesprächen einen engeren Austausch. Dabei wollen wir ausloten, welche unserer Forderungen von ihnen mitgetragen werden.

Tanja Junkers: Dank aktiver Mitglieder in allen Schulformen wissen wir tatsächlich, wo der Schuh drückt. Das hat sich gerade während der Corona-Pandemie gezeigt. Wir haben als Reaktion auf die zu frühen und schlecht kommunizierten Grundschulöffnungen einen offenen Brief zusammen mit Bündnispartnern formuliert. Wir haben Pressemitteilungen verfasst und dadurch auch die Kommunalpolitiker*innen angesprochen. Wir versuchen, unsere Anregungen und Kritik durch Briefe an die schulpolitischen Sprecher*innen der Parteien einzubringen. Allerdings reagieren nur wenige darauf, indem sie uns antworten.

Und jetzt im Wahlkampf geht ihr noch gezielter auf die Politiker*innen zu?

Tanja Junkers: Ja, wir haben zum Beispiel schulpolitische Wahlprüfsteine aufgestellt, den Parteien zugesandt und sie nach der Wahl zu unserer Jahreshauptversammlung eingeladen, um über unsere Forderungen und deren Umsetzung zu diskutieren.

Was zeichnet gute gewerkschaftliche Arbeit vor Ort eurer Meinung nach aus? Inwiefern müsst ihr manchmal zwischen langfristigen und kurzfristigen Zielen abwägen?

Klaus Mautsch: Um kurzfristige Ziele wie die Abgeltung eines Urlaubsanspruchs oder die Aufhebung diskriminierender Honorarunterschiede zu erreichen, sind Gespräche allein nicht ausreichend. Hier braucht es innerhalb der gewerkschaftlich organisierten Mitglieder schon eine starke Bereitschaft zu öffentlichkeitswirksamen Aktionen. In der Regel ziehen diese dann auch die übrigen Lehrkräfte mit. Ob sich allerdings die prekären Grundbedingungen der öffentlich organisierten Scheinselbstständigkeit ändern lassen, steht für mich nach 27 Jahren weiterhin infrage.

Tanja Junkers: Ich denke, dass Forderungen im Bildungsbereich eher langfristige Ziele sind. Da müssen wir einen langen Atem haben und ständig am Ball bleiben, indem wir diese Ziele immer wieder auf die Tagesordnung bringen, zum Beispiel bei den dringend benötigten Schulneubauten. Gute gewerkschaftliche Arbeit bedeutet für uns, die Interessen der Beschäftigten zu vertreten, was durch die GEW-Personalräte, aber auch durch die gesamte GEW geschieht. Wir informieren aktuell über unsere Homepage, durch Pressemitteilungen sowie -gespräche und wir werden dadurch wahrgenommen. Ein gutes Beispiel ist die Forderung, die Schulbegleiter*innen nach Tarif zu bezahlen und ihnen Festanstellungen zu geben. Die von uns organisierte Demonstration hat zu einem großen Medienecho geführt und wir haben darüber auch mit der zuständigen Dezernentin der Stadt Duisburg gesprochen. Aber wie gesagt, Erfolge sind selten kurzfristig zu erreichen. Gute GEW-Arbeit bedeutet auch, in Bündnissen aktiv zu sein. So gibt es ein sehr aktives Bündnis mit Elternvertreter*innen, Schulleiter*innen, dem DGB und weiteren Unterstützer*innen für die dringend nötigen Schulneubauten.

Welche Erfolge konntet ihr in euren Kommunen schon erzielen?

Klaus Mautsch: Wir konnten mit der Kölner Stadtverwaltung über die Nachbesserung eines Angebots verhandeln, das Lehrkräfte an der Volkshochschule für die Ausfälle durch die COVID-19-Pandemie teilweise entschädigt. In Zusammenarbeit mit drei Fraktionen konnten wir einen Antrag in den Rat einbringen, der die Integrationslehrkräfte in diese Kompensation miteinbezieht. Der wurde dann einstimmig beschlossen. Wir mussten auch dafür demonstrieren, dass die Stadtspitze sämtliche Räume der Volkshochschule wieder für den Unterricht freigibt. Zwei Drittel davon waren durch den städtischen Krisenstab und das Infektionstracking des Gesundheitsamtes belegt worden. Zum Glück zeigte sich die Verwaltung einsichtig und öffnet die Räume wieder für den Unterricht.

Tanja Junkers: Ein Erfolg ist sicherlich, dass wir als Interessensvertreter*innen der Beschäftigten wahrgenommen werden. So haben wir erreichen können, dass die Stadt Parkgebühren für Lehrer*innenparkplätze wieder zurückgenommen hat. Wir werden als GEW von den Parteien angesprochen, um zum Beispiel über ihr Kommunalwahlprogramm mitzudiskutieren, wir werden von der Presse um Bewertung zu schulpolitischen Themen gebeten und wir führen Gespräche mit der zuständigen Dezernentin. Als GEW sitzen wir mit Rederecht im Schulausschuss.

Inwiefern ist die Zeit vor der Kommunalwahl auch für euch eine besondere Zeit?

Klaus Mautsch: Man sollte annehmen, dass die Bewerber*innen für das kommunale Parlament unseren Forderungen gegenüber aufgeschlossener wären. Leider zeigt die Erfahrung, dass der Status quo innerhalb der Erwachsenenbildung – hier sind besonders die Honorarlehrkräfte gemeint – in den Köpfen fast aller Parteimitglieder so fest verankert ist, dass von dieser Zeit kaum besondere Impulse zu erwarten sind.

Tanja Junkers: Die Kommunalwahl ist eine Möglichkeit, unsere Forderungen an eine größere Öffentlichkeit zu bringen und die Parteien unter anderem über Mängel und unhaltbare Zustände in den Schulen zu informieren, sie zu sensibilisieren und vielleicht dazu zu bringen, unsere Forderungen zu unterstützen, die Schulen sanitär so auszurüsten, dass Hygienestandards eingehalten werden können.