lautstark. 03.04.2023

ChatGPT: Künstliche Intelligenz intelligent nutzen

Digitalität im UnterrichtFortbildungWeiterbildung

Lehrenden Sorge nehmen und Schüler*innen befähigen

Lehrerin und Fachleiterin für Deutsch Catrin Ingerfeld-Bloemertz hat für uns ein Experiment gewagt und getestet, ob Künstliche Intelligenz eine Unterrichtsstunde planen kann. Hier zieht sie Bilanz.

Download pdf | 2 mb
  • Ausgabe: lautstark. 02/2023 | Wie willst du studieren?
  • Autor*in: Catrin Ingerfeld-Bloemertz
  • Funktion: Lehrerin und Fachleiterin
Min.

Bei allem Hype in den Medien und sozialen Netzwerken, bei allem Spaß am eigenen Ausprobieren und bei aller Neugier, wenn Schüler*innen mich zu ChatGPT ansprechen, ist für mich in der Schule wichtig: Wie können wir Lehrer*innen unsere Schüler*innen befähigen, reflektiert mit ChatGPT umzugehen? Und wie kann Kolleg*innen die etwaige Sorge genommen werden, ChatGPT nicht zu genügen?

Was lässt sich aus dem Experiment mitnehmen?

ChatGPT verfasst bei oberflächlichen Fragen und Aufforderungen – also den Prompts – einen Rahmen, der in der Erstausgabe allerdings immer einem hohen Maß an Lenkung unterliegt. Die KI gerät schnell an ihre Grenzen, kann bei richtiger Handhabung aber durchaus nützlich sein. Die vorgeschlagenen Zeitfenster bei den ersten Versuchen für den Unterrichtsverlauf passen nicht zu den manchmal wilden Aktivitäten. Die Unterrichtsplanung der KI landet allenfalls im Anforderungsbereich II. Die Operatoren werden nur auf Aufforderung genutzt, fachdidaktische und fachmethodische Ansätze müssen ausführlich mit der KI besprochen werden, bevor etwas Brauchbares in Erscheinung tritt.

Ohne Rückfrage und Einfügen der jeweiligen Rahmenbedingungen spuckt ChatGPT nur eine vage Vorstellung von gelungenem und legitimiertem Unterricht aus. Auf die Frage „Kannst du das Stundenthema zu den Märchenmerkmalen mit dem Kernlehrplan NRW begründen?“ ploppt immer wieder das rote Stoppschild auf: An error occured. Die KI kommt hier also schnell an ihre Grenzen. Andererseits lernt ChatGPT zügig, übernimmt der Bot doch meine Genderschreibweise in unserem Dialog.

Wo und wie kann ChatGPT eingesetzt werden?

ChatGPT lässt sich unter anderem gut zum Brainstorming, für ein Co-Planning oder als Sparringspartner*in einsetzen. ChatGPT kann aber auch ein Zeitfresser sein: Die KI ist für die Unterrichtsplanung nur so gut, wie die Lehrkraft selbst Kriterien zukunftsfähigen Unterrichtens beim Prompten verwendet. ChatGPT bietet uns jedoch die Möglichkeit, von Zeit zu Zeit Liebgewonnenes, aber möglicherweise auch Festgefahrenes einer Reflexion zu unterziehen.

Wer bietet Austausch und Fortbildung zu ChatGPT?

Das Bildungsland NRW hat mit dem Handlungsleitfaden „Umgang mit textgenierenden KI-Systemen“ vom 22. Februar 2023 des Ministeriums für Schule und Bildung (MSB) und mit einem Moodle-Kurs der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS) NRW früh reagiert und ein gut geschnürtes Paket zur Verfügung gestellt. Andere Bundesländer haben da deutlich das Nachsehen. Externe Fortbildungsangebote rund um das Thema ChatGPT verzeichnen bis dahin nie gesehene Anmeldezahlen. Davon zeugen unter anderem die Angebote von Kai Wörner und Michael Debbage (beide Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen), Georg Schlamp (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen sowie mobile.schule) sowie von Tim Kantereit, Hendrik Haverkamp oder Regina Schulz (Weiterbildungsplattform „fobizz“).

Die Notwendigkeit, an Erfahrung und Sicherheit hinzuzugewinnen, ist sehr hoch. Und trotzdem gibt es wie so oft die Kehrseite der Medaille: Sich fortzubilden bedeutet im Augenblick Arbeitszeitbelastung. Die Arbeit mit ChatGPT kann zudem eine Arbeitszeitentgrenzung nach sich ziehen. Ich meine – und das gilt nicht nur für ChatGPT –, dass für schulinterne und schulexterne Fortbildungen Entlastungssysteme geschaffen werden müssen. An Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozessen aktiv teilzunehmen, bedeutet schlichtweg Mehrarbeit.

Was zeitnah zu KI in Schule und Unterricht passieren muss

Eine gelingende Vernetzung von Schulen, Kollegien und Lehrer*innen ist wünschenswert und im digitalen Raum schnell möglich. Ich lade alle dazu ein, zum Beispiel mithilfe der hier verlinkten TaskCards Best-Practice-Beispiele zur Unterrichts-, Projekt- und Prüfungsgestaltung im Kontext von KI zu sammeln und sich darüber auszutauschen.

Wenn es darum geht, mit ChatGPT nicht nur am Endgerät der Lehrenden zu arbeiten, sondern auch Schüler*innen Zugänge zur eigenen Arbeit und Reflexion bereitzustellen, werden sehr bald offizielle Hilfestellungen nötig. Die „fobizz“-Klassenräume bieten schon jetzt eine DSGVO-konforme Möglichkeit, die KI-Assistenz in Schüler*innenhand zu legen. Insgesamt wird es in den nächsten Monaten spannend, wie wir unsere Schüler*innen befähigen, mit ChatGPT im Unterricht und in Projekten, bei Hausaufgaben oder Leistungsüberprüfungen zu arbeiten. Die Zeit ist reif, Lernen neu zu denken.