Politische Bildung und Neutralität im Einklang
Praxistipps für Demokratieerziehung
Wie gelingen politische Bildung und Demokratieerziehung in Zeiten eines Wahlkampfs? Was müssen Lehrkräfte mit Blick auf das Neutralitäts-, Mäßigungs- und Zurückhaltungsgebot beachten?

1 Neutral sein und trotzdem eine Meinung haben
Beamt*innen1 müssen neutral sein, indem ihre Amtsausübung gerecht und offen gegenüber unterschiedlichen Auffassungen ist. Das unterstreicht auch das Schulgesetz NRW, das allerdings laut Paragraf 2 „keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche Bekundungen“ duldet, die „die Neutralität des Landes oder den Schulfrieden gefährden oder stören“. Zur Amtsausübung gehört auch, das Grundgesetz zu verteidigen. Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinungen und müssen zurückgewiesen werden.
2 In der Öffentlichkeit Zurückhaltung zeigen
Beamt*innen1 sollen bei Kritik an staatlichem Handeln gemäß Beamt*innenrecht in Form und Inhalt „zurückhaltend“ auftreten. Insbesondere in den Monaten vor einer Wahl sollen Landesbedienstete sich nicht öffentlich zu Vorgängen ihres dienstlichen Aufgabenbereichs äußern, wenn dies parteipolitische Auswirkungen haben kann.
3 Kontroversen im Unterricht thematisieren
Im Beutelsbacher Konsens wird die Kontroversität des politischen Unterrichts herausgestellt. Was in der Gesellschaft kontrovers sei, müsse auch im Unterricht als kontrovers dargestellt werden. Damit Schüler*innen vor Indoktrination geschützt sind, müssen sich Lehrkräfte an das „Überwältigungsverbot“ halten und Schüler*innen eine eigene Meinungsbildung ermöglichen. Demokratiefeindliche Positionen sind zurückzuweisen.
4 Politiker*innen einladen
Die neutrale Grundhaltung der Schulen wird keineswegs verletzt, wenn sie Podiumsdiskussionen mit Politiker*innen durchführen, um Meinungsstreit als Grundelement einer demokratischen Kultur in den politischen Unterricht zu integrieren. Parteien haben allerdings keinen Anspruch, eingeladen zu werden. Die Schule entscheidet darüber ebenso wie sie – durch Moderation, Vor- und Nachbereitung – für Vielfalt sorgt. In den Wochen unmittelbar vor einer Wahl sollte auf Veranstaltungen mit Bezug zum Wahlkampf verzichtet werden.
5 Einschüchterung entgegentreten
In den letzten Jahren hat die AfD Schüler*innen und Eltern aufgefordert, unliebsame Positionen von Lehrkräften auf „Prangerportalen“ zu veröffentlichen. Niemand sollte sich durch diese Versuche, mit Berufung auf Neutralität eine Atmosphäre von Denunziantentum zu schaffen, einschüchtern lassen. Wir müssen konsequent für Demokratie und gegen Rassismus eintreten. Die GEW NRW, ihre Personalräte und das Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage bieten Unterstützung.
Manfred Diekenbrock,
freier Referent für gewerkschaftliche Bildung
Foto: freepik
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