lautstark. 11.02.2022

Equal Pay: Haltet euch endlich an die Landesverfassung!

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Equal Pay Day und JA13

Mit der JA13-Kampagne setzt die GEW am Equal Pay Day ein Zeichen für die gleiche Bezahlung von Lehrkräften. Mit Blick auf den Aktionstag am 7. März 2022 haben wir mit Frauke Gützkow vom GEW-Hauptvorstand gesprochen: über Lohnungleichheit, eine aktuelle Befragung zur Gleichwertigkeit der Lehrtätigkeit an verschiedenen Schulformen und über Forderungen an die Politik.

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  • Ausgabe: lautstark. 01/2022 | Familie und Sorgearbeit: Zeit für Veränderung
  • im Interview: Frauke Gützkow
  • Funktion: GEW-Hauptvorstand
  • Interview von: Vanessa Glaschke
  • Funktion: Redakteurin im NDS Verlag
Min.

Der Equal Pay Day am 7. März 2022 macht auf den Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, aufmerksam. Für die GEW wird der Aktionstag wieder Anlass sein, der Forderung nach A13 / EG13 für Lehrkräfte an Grundschulen und in der Sekundarstufe I Ausdruck zu verleihen. Warum an diesem Tag? Was hat Equal Pay mit JA13 zu tun?

Frauke Gützkow: Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern liegt in Deutschland bei circa 18 Prozent. Das bedeutet, dass Frauen bis zum 7. März unbezahlt arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Eine solche Ungleichbehandlung der Geschlechter trifft im Schulbereich auf Grundschulen zu, an denen überwiegend Lehrerinnen tätig sind und eben nicht gleichwertig zu ihren Kolleg*innen anderer Schulformen eingruppiert werden. Hinter diesem Gender Pay Gap im Schulbereich liegt das Problem, dass Lehrkräfte je nach Schulform, an der sie tätig sind, unterschiedlich bezahlt werden. Deshalb lautet das GEW-Motto zum Equal Pay Day: JA 13 – weil gute Pädagogik mehr wert ist! Es steht für Entgeltgleichheit, für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und für die Aufwertung der Arbeit von Lehrkräften an Grundschulen und in der Sekundarstufe I.

Noch bis vor Kurzem wurden Grundschullehrkräfte in allen Bundesländern in A12 / E11 eingruppiert. Mittlerweile ist das nur noch in acht Ländern so – auch dank der JA13-Kampagne der GEW. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind im Übrigen die einzigen Länder, in denen Lehrkräfte an allen allgemeinbildenden Schulformen außer an Gymnasien und Förderschulen mit A12 anfangen müssen. Der Blick auf die Einstiegsgehälter von Lehrkräften in NRW illustriert die Lohnlücke deutlich: Die Nettodifferenz zwischen der Besoldungsgruppe A12 und A13 liegt bei etwa 460 Euro.

Die GEW hat eine repräsentative Online-Mitgliederbefragung zum Thema JA13 durchgeführt. Welche Argumente liefert sie für die Forderung nach Equal Pay unter Lehrkräften?

Frauke Gützkow: Die Befragungsergebnisse bestätigen den Ausgangspunkt der GEW-Arbeit, dass die Lehrtätigkeit an allgemeinbildenden Schulen gleichwertig ist und die Lehrkräftebesoldung beziehungsweise -entlohnung dementsprechend sein muss. Wir können unsere Forderungen nach Equal Pay für Lehrkräfte an Grundschulen und in der Sekundarstufe I mit den Ergebnissen untermauern. Sie lauten: Höhergruppierung in die Eingangsbesoldung A13 beziehungsweise in die Entgeltgruppe E13 und die mittelbare Diskriminierung beenden.

Was wurde erfragt und wie wurden die Ergebnisse ermittelt?

Frauke Gützkow: Teilnehmen konnten alle GEW-Mitglieder an allgemeinbildenden Schulen. Mit rund 15.000 ausgefüllten Fragebögen haben wir ein repräsentatives Ergebnis erzielt. Im Kern ging es um Anforderungen an und Belastungen von Lehrkräften sowie um Arbeitszeiten. Unter Belastungen wurden in der Befragung explizit nicht individuelle oder subjektive Belastungen verstanden. Denn es ging uns natürlich nicht darum, welche Lehrkräfte mehr arbeiten und stärker belastet sind, sondern darum, ob die Arbeit von Lehrkräften an verschiedenen Schulformen gleichwertig ist oder nicht. Und deshalb sollten für die jeweilige Berufsgruppe allgemeingültige beziehungsweise objektivierte Belastungen der Tätigkeit ermittelt werden. Die Befragten wurden also als Expert*innen in ihrem Beruf angesprochen und nach ihren Erfahrungen und ihrer Arbeitsbewertung gefragt.

Zugrunde lag dem Fragebogen das geschlechtsneutrale Analyseinstrument des Paarvergleichs, der auf arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und die Gleichwertigkeit von Arbeitstätigkeiten und damit von Berufen beurteilt. So konnten wir Lehrtätigkeiten an unterschiedlichen Schulformen mit unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich ihrer Wertigkeit vergleichen.

Und nach welchen Anforderungen und Belastungen wurde konkret gefragt?

Frauke Gützkow: Gefragt wurde nach Anforderungen und Belastungen in vier Dimensionen – Wissen und Können, psychosoziale Anforderungen, Anforderungen an Verantwortung und physische Anforderungen – sowie nach der Arbeitszeit. Die Auswertung erfolgte nach Merkmalen, zum Beispiel nach Schulstufe oder Schulform.

Was sind die Kernergebnisse der Studie?

Frauke Gützkow: Es zeigt sich, dass nur leichte Unterschiede bei der Arbeitsbewertung festzustellen sind. Das bedeutet, dass die Lehrtätigkeit, egal an welcher Schulform unterrichtet wird, gleichwertig ist. Schauen wir auf die einzelnen Bereiche, dann lässt sich feststellen, dass Anforderungen und Belastungen in den vier Dimensionen des Paarvergleichs von Grundschullehrkräften und solchen, die an Schulen arbeiten, die den Haupt- und mittleren Schulabschluss vergeben, am höchsten eingeschätzt wurden. Diese sind die Schulformen, an denen vermehrt heterogene Lerngruppen vorzufinden sind. Des Weiteren zeigt die Befragung, dass Grundschullehrkräfte die psychosozialen Anforderungen, zu denen Kooperationsfähigkeit, Einfühlungs- und Überzeugungsvermögen sowie psychosoziale Belastungen zählen, etwas höher bewertet haben als Lehrkräfte anderer Schulformen. Lehrkräfte an Gymnasien werden laut Befragung durch ihre Arbeitszeit am stärksten beansprucht. 

Blickt man auf die Dimension Anforderungen an Verantwortung, ­sehen wir bei Lehrkräften der Sekundarstufen I und II hier eine etwas höhere Anforderung und Belastung. Die Auswertung nach Bundesländern ergab für NRW folgendes Bild: In allen Bereichen fiel die Arbeitsbewertung negativer aus.

Die Frage der Bezahlung von Lehrkräften ist auch eine politische. Was sollte die im kommenden Mai neu gewählte NRW-Landesregierung tun, um die Forderungen der GEW nach gleichwertiger Bezahlung aller Lehrkräfte umzusetzen?

Frauke Gützkow: Den politisch Verantwortlichen in NRW möchte ich zurufen: Haltet euch an eure Landesverfassung und ändert endlich das Besoldungsrecht! Der Juraprofessor Ralf Brinktrine ist schon vor einigen Jahren zu dem Schluss gekommen, dass die unterschiedliche Eingruppierung verschiedener Lehrkräftegruppen in NRW aus verfassungs- und beamtenrechtlicher Perspektive nicht in Ordnung ist.

In NRW haben sich SPD, Grüne und FDP in den vergangenen Jahren auf A13 als Eingangsamt für alle Lehrkräfte mit wissenschaftlichem Studium festgelegt. Sie brauchen nach der Landtagswahl also nur umzusetzen, was sie angekündigt haben. Das gilt auch für den Fall, dass sie in einer Koalition mit der CDU sind.

Von Landespolitiker*innen erwarte ich, dass sie ein Signal setzen für die Anerkennung der Professionalität von Lehrkräften und diese entsprechend entlohnen. Mit Blick auf den Equal Pay Day sollte deshalb die Bezahlung und damit auch die Wertschätzung der Berufsgruppe der Lehrer*innen im Vordergrund stehen.